Trisomie21: Arbeit und Rente
Offenes Gespräch mit einem Vertreter der IV
30. Mai 2024 im Bistro 21Stärne in der Villa Stucki, Bern
Allgemeines zur IV
Die IV ist organisiert in verschiedene Themengruppen:
Fallmanagement:
o Sachleistungen (Medizinische Massnahmen, HE, Assistenz)
o Geldleistungen (Renten)
Eingliederungsmanagement
Betroffene Eltern melden das Kind am Hauptsitz mit der AHV-Nummer und bekommen eine themenspezifische Beratungsperson zugeteilt. Im Kanton Bern ist der Hauptsitz in der Stadt Bern, es gibt Zweigstellen in Biel, Burgdorf und Thun.
Die Beratenden werden den betroffenen Personen nicht fix und unbefristet zugeteilt, sondern pro Themenbereich. Die Beratenden wechseln im Laufe der Zeit immer wieder, je nachdem, welches Thema aktuell ist. Es ist durchaus möglich, dass eine Person mit Trisomie21 zur selben Zeit mehreren Beratenden zugeteilt ist.
Bei der IV gibt es pro versicherte Person ein einziges Dossier. Für die Beratenden ist immer das ganze Dossier sichtbar.
Trisomie21 ab Geburt bis 18 Jahre
Grundsätzlich gilt: Unter 18 Jahren gibt es keine Geldleistungen, nur Sachleistungen.
Die HE für Minderjährige kann ab 18 Jahren in eine HE für Erwachsene umgewandelt werden.
Menschen mit Trisomie21 sind ab Geburt bei der IV versichert. Meistens erhalten sie Hilfslosentschädigung (HE), im Grad 1 bis 3 und je nachdem auch Intensivpflegezusatz (IPZ). Assistenzleistungen sind möglich, wenn das T21-Kind Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung hat, die Regelschule besucht oder ein Intensivpflegezuschlag von mindestens sechs Stunden ausgerichtet wird.
Zwischen dem 14. und 18.Lebensjahr
Betroffenen Eltern wird empfohlen, nach dem 17. Geburtstag ihres T21-Kindes, das Kind bei der KESB zu melden (damit die Beistandschaft geklärt wird). Wird nichts unternommen, wird es sehr kompliziert, sobald die T21-Person 18 Jahre und somit volljährig ist, weil sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr automatisch von den Eltern vertreten werden darf, selber aber nicht mündig ist.
Zum Thema Verbeiständung können sich Eltern bei Pro Infirmis beraten lassen.
Viele T21-Jugendliche sind schon ab 14 Jahren bei der IV zum Thema «berufliche Eingliederung» gemeldet, wenn sie in die besondere Volksschule gehen, denn dort gibt es speziell ausgebildete Fachpersonen, die sich darum kümmern.
Ist das nicht der Fall - weil die Jugendlichen die Regelschule besuchen - sollten sich die Eltern spätestens mit den 17-jährigen Jugendlichen T21 bei der IV melden, um die Eingliederung zu regeln. Besser wäre aber vorher, ab 14 Jahren.
Schnuppern oder Praktika ausserhalb von Massnahmen der IV:
T21 Jugendliche können ab 14 Jahren in Betrieben schnuppern gehen. Das kann in einer Institution oder bei einem Arbeitgeber des allgemeinen Arbeitsmarkts sein. Die Schule unterstützt, aber es sind vor allem die Eltern gefordert. Dieser Vorgang hat im Grundsatz nichts mit IV zu tun.Integrationsmassnahmen:
Bereiten Jugendliche (< 25 Jahre) nach der obligatorischen Schulzeit auf die erstmalige berufliche Ausbildung vor, z.B. ein Arbeitstraining. Integrationsmassnahmen können in einer Institution oder in einem Betrieb des allgemeinen Arbeitsmarkts durchgeführt werden.
Ziele der Integrationsmassnahmen sind der Aufbau von Präsenz- und Leistungsfähigkeit und die Vorbereitung auf auf weiterführende Massnahmen wie der beruflichen Grundbildung oder Brückenangebote.Berufsberatung:
Ziel der Berufsberatung der IV ist es, eine mögliche Ausbildung zu finden, welche dem Alter, dem Entwicklungsstand, den Fähigkeiten und Neigungen entsprechen und realisierbar ist. Die Berufsberatung erfolgt in der Regel vor und bei Abschluss der obligatorischen Schulzeit (ca. ab 14 Jahren).Erstmalige berufliche Ausbildung: Z.B. Praktische Ausbildung (PrA).
Gemäss Bundesgerichtsentscheid hat jede/-r T21-Jugendliche Anrecht auf eine PrA. Sie wird von der IV finanziert und kann in einer Institution oder in einem Betrieb des allgemeinen Arbeitsmarkts stattfinden. Ein Tag pro Woche muss die Berufsschule besucht werden (in einer Institution oder öffentlich).
Eine Ausbildung kann behinderungsbedingte Mehrkosten auslösen. Diese können von der IV übernommen werden.
Trisomie21 ab 18 Jahren
Rente und Taggelder gibt’s frühestens ab dem 1. des Folgemonats des 18. Geburtstags.
Sobald das 18. Lebensjahr erreicht wurde und die T21-Person in einer Integrationsmassnahme oder beruflichen Massnahmen der IV ist, werden die Taggelder geprüft.
Wurde das 18. Lebensjahr bereits erreicht und noch keine berufliche Massnahme gestartet, muss der Beistand die Person bei der IV für die Rente anmelden. Man erhält sie nicht automatisch, auch wenn vorher HE bezogen wurde. Wird nach 18 Jahren eine berufliche Massnahme gestartet, gibt es keine Taggelder, sondern die Rente läuft weiter.
Für Erwachsene wird immer zuerst geprüft, ob berufliche Eingliederungsmassnahmen möglich sind, bevor eine Rente gesprochen wird. Die berufliche Eingliederung nimmt rechtzeitig mit dem Rententeam Kontakt auf (ein halbes Jahr bevor die PrA fertig ist), damit die IV einen möglichen Rentenanspruch rechtzeitig feststellen kann. Damit der Invaliditätsgrad berechnet werden kann, muss klar sein, wie hoch die Leistungsfähigkeit nach Beendigung der Ausbildung ist. Dafür wird in aller Regel auf die Erkenntnisse aus dem Lehrbetrieb/der Institution abgestützt.
Spätestens mit 20 Jahren müssen T21 bei AHV angemeldet werden, um Beitragslücken zu vermeiden.
Rente und Ergänzungsleistungen
Grundsätzlich ist es wichtig, dass die IV immer über alle Schritte informiert wird. Sowohl ein Stellenantritt als auch eine Kündigung löst eine Rentenrevision aus. Wichtig ist dabei, dass die Veränderung mehr als 5% ausmacht und langanhaltend ist (mind. 3 Monate).
Bei einem Job muss immer das Zumutbarkeitsprofil angeschaut werden (z.B. schweres Heben etc.).
Eine Vollrente (2'450 CHF, Stand 2024) gibt es für T21 nicht, sondern eine ausserordentliche Rente von 1'633 CHF.
Ein fiktives jährliches Einkommen von 82'797 CHF (Stand 2024) wird dem tatsächlich verdienten Einkommen der T21-Person gegenübergestellt. Erst, wenn die Person jährlich mehr als 24'839 CHF verdient, kommt es zu einer Rentenreduktion, weil der Invaliditätsgrad unter 70 % sinkt.
Eine Rentenreduktion erfolgt nie sofort, sondern frühestens nach 3 Monaten. Für die Reduktion gilt während 3 Jahren eine Karenzfrist. D.h. während 3 Jahren kann die Reduktion kurzfristig wieder aufgebhoben werden, wenn der Lohn unter das Limit sinkt.
82'797 CHF – 24'839 CHF = 57'958 CHF. Das entspricht 70% Invalidität.
Das heisst, ein/-e T21 Jugendliche/-r muss monatlich mehr als 2'069.90 CHF verdienen (bei 12 Monatslöhnen), damit die ganze Rente reduziert würde. (57'958 CHF / 12).
Zusätzlich zur Rente können T21-Menschen eine EL beantragen. Im Fall der Erwerbstätigkeit wird zuerst die EL gekürzt. Dabei gibt es einen jährlichen Freibetrag von 1'000 CHF und vom verdienten Lohn werden nur 2/3 bei der EL angerechnet.
Die EL können im Verlauf des Kalenderjahres angepasst werden.
Die IV sollte grundsätzlich immer informiert sein, ob eine T21-Person arbeitet.
Weiterführende Informationen
Mehr Informationen zu EL: https://www.ahv-iv.ch/de/Sozialversicherungen/Erg%C3%A4nzungsleistungen-EL
Sämtliche Merkblätter der IV: https://www.ahv-iv.ch/de/Merkbl%C3%A4tter-Formulare/Merkbl%C3%A4tter/Leistungen-der-IV
Beratungstelefon der IV-Stelle Kanton Bern für allgemeine Fragen: 058 219 74 74
Über das Beratungstelefon erhalten Sie während den Öffnungszeiten Auskunft zu allgemeinen Fragen rund um die Zuständigkeit und Leistungen der Invalidenversicherung.
Sind Sie bereits bei der IV Stelle Kanton Bern angemeldet?
Wenden Sie sich bei Fragen zu einem laufenden Verfahren an Ihre Kontaktperson. Name und Tel-Nr. finden Sie in der Korrespondenz mit der IV (oben rechts). Sollten Sie die Informationen nicht verfügbar haben, helfen Ihnen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Tel. 058 219 71 11 gerne weiter.
Auskünfte zu bereits laufenden Versicherungsfällen werden ausschliesslich von den fallführenden Personen gegeben und nicht über das Beratungstelefon.
Gerne nimmt die IV Bern Fragen auch über das Kontaktformular entgegen: https://www.ivbe.ch/de/kontakt/kontaktformulare/mitteilung.html