Integration im Kanton Luzern

 

Die Familie begleitet aufmerksam und greift notfalls ein

Als Lino vier war und in den Kindergarten kam, schien er den Eltern noch zu klein. So entschieden sie sich für ein Jahr HPS. Sie teilten allen involvierten Stellen mit, dass sie die HPS nur als einjährige Übergangsphase sahen. Nach einem Jahr ging es aber nicht reibungslos in den Regelkindergarten, denn die HPS teilte mit, dass das normalerweise für zwei Jahre vorgesehen ist. Die Familie musste die HPS überzeugen und die Regelschulleitung setzte sich auch für den Wechsel ein. So besuchte er anschliessend zwei Jahre den Regelkindergarten und dann die Regelschule.

Seit der 1. Klasse bespricht sich die Familie wöchentlich mit der Lehrperson. Ohne diesen Austausch würde es nicht funktionieren, denn die Familie knüpft zuhause an den Schulstoff an. Heute besucht er die fünfte Regelklasse und arbeitet am gleichen Stoff wie seine Kollegen, jedoch mit anderen Lernzielen. Er hat sechs Stunden heilpädagogische Begleitung und aktuell acht Stunden Assistenzbegleitung von möglichen sechs bis zehn Stunden pro Woche. Sie begleitet Lino z.B. im Turnen.
Bis anhin besucht er ein Vollzeitpensum, abgesehen von zwei Schulstunden, die auf die Logotherapie und Psychomotorik fallen. Die drei Stunden Französisch belegt er nicht. Die Mutter hat die Schulleitung gebeten, Französisch als Randstunde zu legen, damit er nicht in der Schule auf die nächsten Stunden warten muss, sondern nach Hause kann. Diesem Wunsch wurde entsprochen.

Die Eltern denken immer mit und helfen beim Organisieren

Lino war phasenweise in den grossen Schulpausen überfordert und hat angefangen, andere zu schubsen, denn er konnte nur so kommunizieren. So haben sich Phasen abgelöst, wo eine Lehrperson ihn auf dem Pausenplatz begleitet hat, dann waren es Praktikanten oder die Assistenz. Unterstützend hat die Schule mit Lino am Thema gearbeitet. Jetzt ist er in einer Schule, wo nur 5./6. Klässler sind, da sind weniger Kinder und es geht besser.

Über Mittag besucht Lino einmal die Tagesstruktur der Schule, einmal ist er bei Nachbarn und ein weiterer Mittag und Nachmittag wird er von pro infirmis zuhause begleitet. Diese Begleitung holt ihn von der Schule ab, kocht, macht mit ihm Aufgaben und spielt.

Für den Schulweg würde die Regelschule ein Taxi organisieren, hingegen keine Assistenzbegleitung. Da es nur 500m sind, kam das Taxi für die Eltern nie in Frage. Er geht heute mehr oder weniger selbständig, einzig beim Rückweg begleitet ihn ein Lehrer über die gefährliche Strasse bei der Schule. Am Anfang sind Assistenten den Schulweg gegangen, später sein älterer Bruder, Kollegen oder die Eltern. Einzig für die Therapien ist es nötig, dass die Schulleitung ein Taxi organisiert.

Allgemein hat die Familie die Eltern der anderen Kinder als unterstützend und mittragend erlebt. Um Unsicherheiten vorzubeugen, wurde in den ersten Jahren an Elternabenden das Thema Trisomie 21 thematisiert.

Es ist nicht einfach, aber möglich

Im Kanton Luzern wird die Bewilligung zur Integration zweijährlich erteilt. Dabei wird immer wieder gefragt, ob sich Lino wohl fühle und weiterhin integriert werden solle. Die Integration selber wurde aber bis anhin nie in Frage gestellt. Die Familie geht davon aus, dass er auch nach der sechsten Klasse weiterhin in die Regelschule geht, es ist aber noch nicht klar. Der Familie sind sogar Fälle bekannt, wo Eltern von Trisomie21-Kindern separative Schulung wünschten und die Dienststelle entschied, dass das Kind die Regelschule besuchen soll. Für uns Berner ein sehr erstaunlicher Entscheid.

Ein Austausch mit den Lehrpersonen ist sehr wichtig, damit Lino gut gefördert werden kann und sich möglichst wohl fühlt. Die Eltern benötigen viel Engagement für die Integration. Nicht so sehr, weil die Integration umstritten wäre, sondern vielmehr, weil das System nicht darauf vorbereitet ist. Leider sind weder die Logopäd(inn)en, noch die Psychomotoriker(innen) für die spezifische Thematik von Trisomie21 ausgebildet.

Für die Eltern und auch Lino war es hilfreich, als die Integrierten Sonderschüler untereinander vernetzt wurden. So haben sie erlebt, dass auch andere es nicht ganz einfach haben. Lino freut sich, wenn er merkt, dass er nicht alleine ist.

 
Lino am PC

 Im Kanton Luzern gilt der Grundsatz “integrativ vor separativ”. Die Dienststelle der Volksschule des Kantons entscheidet in Zusammenarbeit mit der Schulleitung und den Eltern. Für Familie R. war klar, dass ihr Sohn integrativ in die Regelschule gehen soll, was er bis heute tut, aber nur dank grossem Engagement der Eltern und der Schule.