Behindert uns die Gesellschaft?
Zusammenfassung des Gesprächs mit Tom Shakespeare auf SRF, Sternstunde Philosophie
15% der Weltbevölkerung lebt mit Behinderungen, in der Schweiz sind es 10%. Was als Behinderung gilt, ist eine Definitionsfrage und diese Definition ändert sich im Laufe der Zeit: Als Frauen erstmals an Universitäten zum Studium zugelassen wurden, gab es nur Männertoiletten. Frauen wurden also behindert.
Die Welt ist nicht schwarz-weiss und in zwei Lager geteilt. Es gibt z.B. temporäre Behinderungen wie ein gebrochenes Bein, Eltern mit Kinderwagen oder auch altersbedingte Behinderungen. Gebrechlichkeit ist kein Unfall, sondern ein wesentlicher Teil des Menschseins. Alle können betroffen sein.
In der heutigen Gesellschaft kann man nur mit einem entsprechenden Köprer (Standardkörper) an allem teilnehmen. Das muss aber nicht so sein. Die Welt ist zwar vielfältig, aber wir sind uns Separation gewohnt. Dennoch kann es keine gesäuberte / perfekte Menschheit geben. Denn es gibt keine Unter- bzw. Übermenschen; wir sitzen alle im gleichen Boot. Respekt und Inklusion kann gelernt und gelebt werden. Über verstärkte Integration wächst das Verständnis.
Menschen, die nicht die gleichen Voraussetzungen haben, können nicht einfach dem Wettbewerb ausgesetzt werden. Alle müssen sich als Menschen entfalten können. Wir müssen uns kümmern, denn sie haben es schwerer. Dazu müssen wir ein breiteres Verständnis davon entwickeln, was das Leben sein kann, denn es ist nicht perfekt und vielfach mit Leiden verbunden.
Eltern von Kindern mit Behinderungen machen sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder, weil sie kein Vertrauen und keine Zuversicht haben, dass sie unterstützt werden. Aber die Gesellschaft kann helfen, denn nur so wenige sind betroffen.Die Zukunft von Meschen mit Behinderungen sollte nicht von Behinderungen abhängen. Menschen, die ohne eigenes Verschulden nicht aufblühen können, sollen aufblühen können. Die Welt sollte mehr unterstützend und weniger konkurrenzierend sein.
Tom Shakespeare ist renommierter Professor für «Disability Research» an der London School of Hygiene and Tropical Medicine.